„Wo das Land endet und das Meer beginnt, erwacht die Fantasie des Menschen, die einzigartige Gabe des menschlichen Geistes.
Denn wenngleich wir im Wasser nicht überleben können, so können wir in Gedanken an jeden beliebigen Ort der Welt reisen, bis
hinter den Horizont und weiter.
Das Meer hat den Menschen zum Grübeln gebracht, ihn gezwungen darüber nachzudenken, wer er ist. Denn das Meer sagt uns, was wir nicht
sind. Ein Wasserwesen. Angesichts des Meeres hat der Mensch begonnen, sich über sich Gedanken zu machen. Und dieses Gedanken machen,
nennt man Philosophie.“
(Jacques Perrin – Film: Unsere Ozeane)
Was uns mit Allem verbindet ist das Wasser. Es strömt in uns Menschen, in der Erde, dessen Atmosphäre und in allem was auf diesem Planeten lebt. Es reagiert und verändert sich ständig, fein- wie grob-stofflich. Das Wasser, das den größten Teil der Erde bedeckt, ist nach wie vor eines der größten Rätsel für uns Menschen.
Mit diesen Bildern und allen die noch folgen werden, zolle ich dieser faszinierenden und hochintelligenten Welt meinen Respekt und lindere meine Wut und Enttäuschung darüber, dass nicht einmal dieser Lebensraum weit genug entfernt ist, um dessen zu entgehen, was die Menschheit sich selbst und unserem Planeten zufügt. Während dem Malen möchte ich diese uns unbekannten Intelligenzen erfühlen, meer werden, an-schau-bar machen, uns konfrontieren und erinnern, dass es möglich ist mit Allem was ist in Co-Existenz zu leben. Nicht im Sinne von Fortschritt und Mehrung, was uns entfernt und eher armselig und zerstörerisch als reich macht. Im Gegensatz zu uns, auf unseren kleinen Erdkrustenschollen lebend, zweifelt im Meer niemand daran, dass Achtsamkeit, Einfühlung, Kontakt und Kooperation von wesentlicher Bedeutung für Co-Existenz und das überleben aller ist. Wer das nicht kann, stirbt aus.
Was mich und dich in dieser Ausstellung aus meinen Bildern anschaut sind u. a. viele Tiefseelebewesen (erste Bildserie und Ausstellung 2023: „Tiefblick“), die nicht nur unsere Ururur...- Ahnen sind, sondern sie leben und erhalten ihre Spezies und das Gleichgewicht ihrer Welt unter Bedingungen, für die kein Wesen an Land nur annähernd gerüstet ist. Tief einzutauchen ist eines meiner Grundbedürfnisse und zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Mein Interesse an rätselhaften Tiefen der menschlichen Psyche, seinen Fähigkeiten, aber insbesondere die Geheimnisse des universellen Zusammenspiels, führte mich nun in die Welt der Meereswesen.
Ich möchte eine direkte Kontaktaufnahme zum Betrachter herstellen. Mindestens ein Wesen im Bild nimmt Blickkontakt auf. Man schaue nicht wertend auf die Ästhetik des Wesens, sondern blicke tief hinein in einen fühlenden, intelligenten Erdbewohner, der seine Intelligenz im Sinne von Leben und Liebe nutzt. Der Augenkontakt zwischen uns vertrauten Tieren verdeutlicht, wie ähnlich wir uns letztendlich sind und darüber Nähe, Kommunikation und Verbindung entstehen kann.
Die Wissenschaft glaubt, dass der mittelozeanische Rücken der Ursprung des Lebens auf Erden ist. Wir wissen weit mehr über die Mondoberfläche als über diese Welten, der Meere der ewigen Finsternis, außerhalb der Reichweite des Sonnenlichts. Es gibt vermutliche keine Stelle in der Tiefsee, wo sich das Leben nicht behaupten konnte. Erstaunlicherweise gibt es dort mehr Leben, als irgendwo sonst auf Erden. Allein die hydrothermalen Schlote beherbergen eine Vielfalt von Lebewesen, vergleichbar der tropischen Regenwälder. Hier unten leben Kreaturen jenseits der Zeit.
„Es hat den Anschein, als seien wir eher bereit, die Möglichkeit der Existenz anderer Intelligenzen auf fernen Planeten zu
akzeptieren als hier auf der Erde.“
(Keith Howell)
In den Dämmerzonen sind viele Tiere fast vollständig durchsichtig. Medusen bestehen zu 99% aus Wasser und sind eine der häufigsten
Lebewesen des Planeten. Mit der gleichen Strategie wie Tiefseekorallen ernähren sich viele von dem was vorbei treibt. Sie sind
unabhängig von Sonnenenergie und in der Lage Biolumineszenz, Lichtblitze zu erzeugen. Sie besitzen kein Gehirn, können sich mit
und ohne Sex fortpflanzen und sind über den Besitz von „Super-Zellen“ in der Lage Körperteile nach Bedarf nachzubilden.
Sie gehören zu den ältesten Tieren der Erdgeschichte (670 Millionen Jahre). Die Fähigkeit sich an neue Lebensräume anzupassen
sichert ihren Fortbestand. Hirnlos clever.
(Notizen im Tagebuch, Dezember 2023)
Jede Stunde sterben weltweit über 10000 Haie durch Menschenhand. Der Hauptgrund dafür ist eine in China beliebte Suppe.
Jedes Jahr gibt es weltweit etwa 100 menschliche Unfälle mit Haien, selten mit Verletzungen. Etwa 3 davon enden im Durchschnitt
tödlich durch verbluten oder Schock.
(Notizen im Tagebuch, April 2023)
Spontan und etwas komisch blinkt in mir nach diesen Zeilen der Spruch auf: Wer zuletzt lacht, lacht am Besten! Eine Fähigkeit, mit der insbesondere der Mensch beschenkt wurde. Lachen ist vielleicht eine Möglichkeit uns selbst nicht zu wichtig zu nehmen.
Wenn unsere Gleichgültigkeit gegenüber des Aussterbens so vieler Arten groß ist, ist heutzutage der Wunsch sie zu schützen
größer denn je zuvor... Die Tiere können nicht für ihr eigenes überleben eintreten... Bis in die hintersten Winkel des bekannten
Universums ist nur allein die Erde bewohnbar. Es gibt keinen Ersatzplaneten. Die Erde gehört uns nicht allein. Sie muss geteilt
werden, wir müssen sie mit anderen teilen. Darin liegt unsere Hoffnung. Die Artenvielfalt ist notwendig für unsere eigene Existenz.
Alles ist noch möglich. Seit Millionen von Jahren erneuert sich die Natur. Wild und frei.
(Jacques Perrin)
Jedes Bild wurde wieder vom Meer überspült. Ich bin davon überzeugt, dass durch die Berührung des Wesens Wasser jedem Bild ein energetischer Fingerabdruck, eine Information gegeben wurde. Im günstigsten Fall, je nach Resonanz, wird diese subtil zu gegebener Zeit in Form eines Gefühls oder gar einer Eingebung auf den Betrachter übertragen. Dafür danke ich dem Wasser der Meere und in mir.