Antje Bleck

Gedanken zur Ausstellung 2017:

„Kaum hat der Mensch bei einem anderen Lebewesen Intelligenz entdeckt, versucht er auch schon, es in seine eigenen Dummheiten zu verstricken.“
(Zitat von Jacques Cousteau)

„meer werden“ bedeutet für mich das natürliche Streben nach Lebendigkeit, Freude, Spiel und friedlichem Miteinander, das Bedürfnis nach Vielfalt und die Erhaltung von Ressourcen. Es bedeutet auch Liebe und eine Intelligenz zu entwickeln, die allem, was ist, Respekt und Toleranz entgegenbringt und erkennt, dass das Leben ein Wunder und alles miteinander verwoben ist.
Meer werden endet niemals.

Fast zwei Jahrzehnte habe ich der menschlichen Figur in meinen Wasser-Werken keinen Zutritt gewährt. Während ich nun figurative Zeichnungen ins Meer eintauche und das Gefühl des Kontrollverlusts beim Wässern der Bilder genieße, wurde mir bewusst, dass ich ungewollt eine gewisse Verachtung dem Menschen gegenüber hegte. Jedes andere irdische Lebewesen, bis hin zu den Steinen, erscheint mir liebenswerter, friedlicher und vor allem intelligenter, genießt deshalb meinen größten Respekt, meine Zuwendung und ist es mir wert gemalt zu werden. Der Mensch zerstört, giert, mordet, hasst und tut vieles mehr, das unseren Planeten und seine Bewohner weinen, rebellieren, sterben lässt.

„Man muss nicht alles über das Meer wissen, um darin schwimmen zu können.“
(Dan Millman)

Meine Bildserie „meer werden“ ist aus einem persönlichen tiefen Bedürfnis entstanden das Schwimmen zu lernen, besagte Verachtung in Vertrauen zu wandeln und den Wunsch zu pflegen den Mensch „meer werden – meer sein“ zu lassen. Er besitzt all die Werkzeuge dafür. Er kann lieben, lachen, spielen, singen und vieles „meer“. Er ist es wert gezeichnet und mit Farben bestückt zu werden. Und er hat es nötig, behutsam aber entschieden ins Meer gestupst zu werden, wenn auch nur auf meinem Papier - oder auch mal freiwillig in der Badehose.

Wieder war für mich der Entstehungsprozess des Bildes, die sinnliche Berührung des Papiers mit Farben an den Fingern und insbesondere der Moment des Eintauchens in das Meer - die Taufe - sowie die Fortführung des Bildes im Atelier wesentlicher als das fertige Ergebnis. Von Bedeutung bleibt das Gefühl, das ein vollendetes Bild im Betrachter erzeugt, die Resonanz auf die Energie des Bildes, auf dessen Oberfläche der Vorgang des Malens und die Berührung des Meeres gespeichert sind. Jedes Gefühl ist willkommen. Tiefe Gefühle sind eine Gabe der menschlichen Natur.
Möge sich das menschliche Streben nach immer mehr, wandeln in
„meer werden“.

Blaue Meere bedecken sieben Zehntel der Erdoberfläche und sind das gesamte Reich des größten Geschöpfes, das je geschaffen wurde. Mit einem Lächeln, fünfzig Millionen Jahre alt.
(Heathcote Williams - „Kontinent der Wale“)