Antje Bleck

Was uns mit Allem verbindet ist das Wasser. Es strömt in uns Menschen, in der Erde, dessen Atmosphäre und in allem was auf diesem Planeten lebt. Es reagiert und verändert sich ständig, fein- wie grob-stofflich. Das Wasser, das den größten Teil der Erde bedeckt, ist nach wie vor eines der größten Rätsel für uns Menschen.

Wir sitzen alle in einem Boot. Der Strom des Lebens trägt uns. Wir wissen nicht genau wohin, jedoch erleben wir, dass alles immer fließt.

Der Mensch ist ein Strömungswesen.
Ihn durchströmen nicht nur Blut, Wasser und andere Substanzen, sondern auch Gefühle und Gedanken. Energiebahnen zeichnen eine Landkarte in ihm. All das und vieles mehr fließt in einem großen Strom, der sich Universum oder All nennt.
Diese Gedanken wirbeln in mir einen Strom von Fragen auf:
Wer sind wir Menschen hinter unseren geschlossenen Augen, nackt und ohne die materielle Welt?
Warum sind wir hier und nicht woanders?
Was ist der Sinn unseres Daseins?
Was strömt tief in uns? Welche Fähigkeiten haben wir, die wir noch nicht sehen? Wie gehen wir mit ihnen und jenen die wir kennen um?
Was geschieht, wenn ich versuche den Strom aufzuhalten?
Lässt er sich aufhalten?

Wozu all diese und noch viel mehr Fragen?
Albert Einstein sagte einmal: „Man muss die Welt nicht verstehen. Man muss sich nur in ihr Zurechtfinden.“ Aber gibt es denn menschliche Fortschritte in seiner geistigen Evolution, wenn wir es sein lassen? Finden wir uns zurecht?
Wenn ich betrachte, wie sehr es uns Menschen an Frieden mangelt und wie zerstörerisch wir mit unserem wundervollen Planeten umgehen, sehe ich das nicht.

Meine Strömungen sind eine Einladung an den Betrachter das Leben in seiner Essenz zu fühlen und darin einzutauchen. Eintauchen in alles was strömt. Wir sind das Leben, wir sind die Erde. Alles was ist, strömt in uns, fließt durch uns hindurch, ob wir das wollen oder nicht. Wenn wir das bewusst zulassen können, den Strom willkommen heißen, offenbart sich uns die Fülle dieser Welt leicht und fließend. Wir sehen ihre Schönheit und fühlen Liebe.

Diese Ausstellung möchte zudem daran erinnern, dass wir in einer Zeit leben, in der wir uns mehr denn je gewahr werden, dass wir unseren Planeten respektieren, lieben und achten, miteinander auf ihm leben müssen. Er ist unsere Existenzgrundlage und wir sind mit ihm verbunden. Was wir der Erde antun, tun wir uns selbst an - umgekehrt genauso. Deshalb können wir bei uns selbst und unseren Mitmenschen mit der Liebe und dem Respekt beginnen.

So abstrakt die Werke dieser Ausstellung weitgehend sind, werde ich dieses Mal auch keine weiteren Texte außer diesem hinzufügen und gab meinen Werken keine besonderen Titel. Auch liefere ich keine Antworten auf obige Fragen. Meine Bilder dienen als Feld der Konzentration. Ich wünsche mir, dass sie das Strömen im Strömungswesen Mensch unterstützen. Vielleicht finden sich Antworten. Jeder seine eigenen und keine Antwort ist besser - nur eine andere. Jede Antwort wirft vielleicht eine neue Frage auf. Wir können darüber ins Gespräch gehen.
Wichtig ist mir bei fast all meinen Arbeiten die Mitwirkung des lebendigen Wassers, dem Element, das mir persönlich am nächsten ist. Es zeigt mir Wahrheiten, zu denen ich auf andere Art und Weise keinen Zugang habe. Allein optisch drückt es jedem Bild einen einzigartigen Stempel auf, einen ganz besonders filigranen Farbverlauf, den nur das Wasser in seiner natürlichen Bewegung produzieren kann. Diese einzigartige Signatur ist von natürlicher Schönheit und hat eine besondere Ausstrahlung. Die Formen und Bewegungen „schütteln“ das Wasser in uns, beeinflussen das Strömen.

Auch die Kurven und Stationen, der Weg, der sich mir beim Gehen unter die Füße schiebt, fließen auf das Papier, gestalten sich in einer Form und ergeben dann ein Energiefeld.
Beim Malen dieser Bilder wurde ich selbst zum Wasser. Ich befand mich auf dem Boden sitzend im Freien, um mich herum viele Wassertöpfe mit Farbpigmenten darin, dicke Pinsel, die ich auf einem senkrecht aufgestelltem Papier auf und nieder sausen ließ. Es fühlte sich an, wie das Spielen eines Instruments, das mir sehr vertraut ist. In mir war es still und leer. Gleichzeitig befand ich mich in Aufruhr und höchster Konzentration. Alles durchströmte mich und zudem fühlte ich mich tief verbunden mit allen Wassern dieser Erde. Zeit und Raum hatten keine Grenzen mehr. Ein Zustand absoluter Freiheit.

In einer Ausstellung treffen sich Menschen. Was sehen diese Menschen? Was fühlen sie? Warum kommen sie?
Ich freue mich darauf mit Ihnen zu sprechen, auf ihre Fragen und Antworten, ihre Gefühle und Gedanken kennen zu lernen.

Horizonte

Die scheinbare Unendlichkeit, die fast von jedem Punkt der Insel aus gesehen werden kann, ist beschrieben und gezeichnet als nur eine einzige Linie.
Eine gerade waagrechte Linie, die jeder erkennt.
Der Horizont. Er weicht zurück, wenn man auf ihn zugeht.
Doch ist jedes Bild, jeder beliebige Blick in den Horizont immer ein anderes Blicken, ein anderes Bild, ein weiter(er) Horizont.
Er weicht zurück, wenn man auf ihn zugeht.

(Notizen im Tagebuch 2024)

Werden

Horizonte sind nur scheinbar Grenzen.
Oben wie unten verliert an Bedeutung.
Richtig und Falsch gibt es nicht im Meer.
Immer nur ein Strömen, Werden,
zurück wie vorwärts ist Atmen
Oben wie unten ist gleichbedeutend
Nichts weiß ich wirklich
aber das ist einerlei.
Tiefen wie Höhen lehren mich
ein Mensch zu sein.

(Gemeinsam Schreiben mit Eva, 27.4.2021)

Meer als Blau

Endlos erscheint das Meer, in dem Wissen, dass der Horizont keine Kante, kein Ende, die Erde rund ist. Ein Spiel von Licht und Reflektieren des Himmels. Meer als Blau.
Bewegungen zeigen sich mit und ohne Wind, der Himmel ist ein Mitmischer der Farbigkeit. Strahlend und erhellend, trüb und verdunkelnd, sich verlierend im Himmel oder hart begrenzt mit der Linie des Horizonts.
Das Leben erscheint mir ebenso endlos, der Horizont weitet sich in der Veränderung der Farbigkeit, strahlend, ein Glücksgefühl erzeugend, das im nächsten Moment in trüben Gedanken versickert.
Begrenzungen sind ein Schein. Sie sind im Kopf. Alles ist eigentlich unendlich oder endet in einer Welle, die sich unermüdlich wiederholt.
Jedes Mal in einer neuen Form.

(Tagebuch 27.4.2021)

Ich weiß noch nicht einmal wer ich wirklich bin. Wie soll ich da wissen, wer Gott ist?
H. P. Kerkeling

Nichts kann höher steigen als bis zu seinem eigenen Höhepunkt. Danach beginnt es wieder hinunter zu fallen. Wie die Welle im Meer... Schließlich verläuft sie als weißer, harmloser Schaum über den Sand.
Charlotte Link